Höchste Qualität aus erster Hand. Die BVfK-Juristen mit den Autorechtspäpsten.
Bild links:Dr. Kurt Reinking; Anna Orlowski; Dr. Christoph Eggert; Moritz Groß; Stefan Obert (v.r.n.l.)
Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung: BVfK-Vertragsformulare erklärt.
Heute Gebrauchtwagen-AGB 4.Teil:
IX. Unfallfreiheit
An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass Autos nicht automatisch unfallfrei sind, zumal dann, wenn nach Richtermeinung jede kleine Beule zum Unfall wird. Hintergrund dieser Überlegung ist die Auffassung des BGH, dass jede Beule als Unfall einzustufen ist, und der private Käufer darüber hinaus generell von Unfallfreiheit ausgehen darf, sofern nicht auf das Gegenteil hingewiesen wird. So läuft man schnell Gefahr, dass ein Fahrzeug, bei dem lediglich ein Parkschaden beseitigt wurde, bereits als Unfallfahrzeug gilt. Daher findet sich im BVfK-Vertragsformular der Hinweis, dass Unfallfreiheit nur dann vorliegt, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.
Wir finden hier eine Situation vor, die deutlich macht, dass Verbraucherschutz dazu führen kann, dass am Ende eine Zusicherung nicht mehr gegeben werden kann, auf die der Käufer doch eigentlich großen Wert legt. Der BVfK wehrt sich gegen die lebensfremde Auslegung des Unfallbegriffs durch den BGH und vertritt daher eine eigene Definition des Unfallbegriffs: Leichtere Beschädigungen, die unter Umständen zu einer geringfügigen Wertminderung von nicht mehr als fünf Prozent des Fahrzeugwerts oder maximal 500,- € geführt haben, machen ein Fahrzeug per se nicht zu einem Unfallfahrzeug. Dies soll jedoch nicht für Schäden gelten, für deren Beseitigung Schweiß- oder Richtarbeiten erforderlich waren. Das entspricht auch dem, wie der Begriff beim Verbraucher verstanden wird, zumindest dann, wenn er als Verkäufer auftritt.
X. Verbrauchs- und Emissionswerte
Dies ist zwar eher ein Neuwagenthema, doch insbesondere in jüngerer Vergangenheit (Stichwort: VW-Abgasskandal) mussten wir erfahren, dass auch Gebrauchtwagenkäufer nicht davor zurückscheuen, Ansprüche wegen erhöhter Emissionen oder eines etwaigen Mehrverbrauchs an den Verkäufer zu stellen. Die BVfK-Vertragsformulare hatten eine solche Konstellation durch Aufnahme dieses Passus‘ bereits berücksichtigt. Ob der Verkäufer sich in diesen Fällen unter Verweis auf diese Klausel erfolgreich verteidigen kann, ist freilich nicht sicher.
Es wird an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in der Werbung und in Prospekten angegebenen Verbrauchs- und Emissionswerte unter Laborbedingungen gewonnen werden und im normalen Fahrbetrieb regelmäßig nicht erreicht werden können. Denn der tatsächliche Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß hängt immer vom jeweiligen Fahrstil und den Fahrzeugeigenschaften ab.
Dadurch werden die Erwartungen des Käufers in diesem Zusammenhang auf ein realistisches Maß zurückgeführt. Zwar gehen die Gerichte davon aus, dass der Käufer wisse, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Faktoren abhängig seien und nicht mit den Prospektangaben gleichzusetzen sind. Dennoch ist es wichtig, durch eine solche Klausel stets auf die Verbrauchererwartungen Einfluss zu nehmen, um die Gefahr einer Eigenschaftszusicherung auszuschließen. Denn zu der üblichen Beschaffenheit, die der Käufer erwarten kann, zählen auch die Eigenschaften der Kaufsache, die der Verkäufer oder der Hersteller in öffentlichen Äußerungen sowie in der Werbung tätigt. Deswegen wird von vornherein vereinbart, dass lediglich die im standardisierenden Messverfahren ermittelten Laborwerte maßgeblich sein sollen und unter keinen Umständen die tatsächlichen Verbrauchswerte. Der Käufer kann also nur erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind.
Tipp für den Gebrauchtwagenkauf:
Zu beachten ist hier, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens ohne ausdrückliche Vereinbarung einen bestimmten Kraftstoffverbrauch nicht als geschuldet ansehen kann. Denn nach Auffassung der Gerichte kann ein verständiger Käufer eines Gebrauchtfahrzeuges grundsätzlich nicht erwarten, dass der Wagen den vom Hersteller in der Werbung genannten Kraftstoffverbrauch aufweist, da sich diese Angaben stets auf ein Neufahrzeug beziehen und der tatsächliche Verbrauch nach Inbetriebnahme durch verschiedene Umstände wie z.B. die Pflege des Fahrzeugs, das Einfahrverhalten und die Ausrüstung mit gewichtserhöhenden Sonderausstattungen beeinflusst wird.
XI. Abnahmetermin
Hier geht es um den pauschalierten Schadensersatzanspruch des Verkäufers an den Käufer, wenn dieser das Fahrzeug nicht abnimmt. (Hinweis: Dem Anspruch auf Schadensersatz sollte eine wirksame Mitteilung über die Bereitstellung des Fahrzeuges vorausgehen.)
Weiterhin werden Sie feststellen, dass der pauschalierte Schadensersatz nicht mehr wie früher 15% vom Kaufpreis, sondern nur noch 10% beträgt. Auch hier folgen wir den Anregungen des ADAC, wie auch einigen Gerichtsentscheidungen, die 15% als Pauschale ohne Nachweis des Schadens verworfen haben. In diesen Fällen fallen dem Händler dann nicht automatisch z.B. 10% zu, sondern dann ist die pauschale Vereinbarung vollständig unwirksam und der Schaden muss vom Verkäufer exakt nachgewiesen werden. Natürlich besteht aber auch die Möglichkeit bei entsprechendem Nachweis einen höheren Nichtabnahmeschaden geltend zu machen. Die Pauschalierung entspricht aber den Bedürfnissen der Praxis an einer schnellen Abwicklung von Schadensersatzansprüchen und gewährleistet dessen schnelle Durchsetzung.
XII. Begutachtung des Fahrzeuges
An dieser Stelle findet sich der bereits erwähnte Hinweis auf das kaufbegleitende Gutachten und weiterhin das Angebot zum kostenlosen Rücktritt für den Kunden, für den Fall, dass beim Gutachten bisher nicht erkannte Defekte oder Unfallvorschäden festgestellt werden. Diese Verknüpfung von Gutachten und Rücktrittsangebot entspricht exakt dem, was im modernen Sprachgebrauch als „Win-Win-Situation“ bezeichnet wird. Der Verkäufer wünscht sich nichts mehr, als aus einem Vertrag herauszukommen, in dem er nicht das nachliefern kann, was er eigentlich schuldet – z.B. die Unfallfreiheit. Für den Käufer hat Angebot vertrauensbildende Wirkung: Er weiß, er ist nicht bedingungslos in den Fängen eines Autohändlers, sondern hat ggf. die Möglichkeit zum Rücktritt.
Die über den BVfK berichtenden Medien waren seinerzeit begeistert: Das hätten sie von einer so milieubehafteten und rufgeschädigten Branche nicht erwartet. Dieser Unterpunkt XII. verknüpft mit dem kostenlosen Angebot zur Schiedsstelle ist eines der wirksamen imagefördernden Instrumente des BVfK für seine Mitglieder und schadet bewiesenermaßen nicht den Erträgen. Es ist bisher kein Fall bekannt, wo sich aus dieser Art der Vertragsgestaltung eine Situation ergeben hat, mit der der Händler anschließend nicht zufrieden war.
SO
Im nächsten Wochendticker:
XIII. Hinweis nach § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
und
XIV. Schiedsstelle
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